Camino Francés
von Nájera nach Carrión de los Condes (176km)
Schon bald, nachdem man Nájera hinter sich gelassen hat, erreicht man das nur knapp 300 Einwohner zählende Straßendorf Azofra. Es liegt auf einem Hügel inmitten von Weinfeldern des Canãs-Tales.
Neben der Pfarrkirche Nuestra Señora de los Ángeles gab es früher die zu einem Pilgerfriedhof gehörende Kirche San Pedro, die samt Friedhof und Pilgerhospiz von Isabella I. (von Kastilien) gestiftet wurde. Vorläufer dieses Komplexes bildete ein 1168 gegründetes Pilgerhospiz. Wer länger verweilen möchte, kann in einer der vielen, größtenteils privat betriebenen, Pilgerherbergen unterkommen.
Weiter geht es in Richtung des winzigen Dorfes Cirueña, das nicht viel mehr als hundert Einwohner zählt. Im Nachbardorf Ciriñuela, welches auf der anderen Seite des Golfplatzes „Rioja Alta“ liegt, lohnt ein Besuch der Kirche San Millán, die im 15. Jahrhundert erbaut wurde.
Es folgt Santo Domingo de la Calzada, von weit her zu sehen mit dem 70 Meter hohen Glockenturms der gotischen Kathedrale. Der Turm, der baulich fast zehn Meter von der Kathedrale entfernt steht, wird als schönster Barockturm der Rioja bezeichnet.
Etwa 7 Kilometern westlich von Santo Domingo de la Calzada erreicht man das mittelalterliche Grañón.
Der Ort entwickelte sich hauptsächlich aus vier quadratisch angeordneten Straßen rund um das Johanneskloster. Die Johanneskirche (Iglesia Parroquial de San Juan Bautista, Plaza del Hórreo) stammt aus dem 15. und 16. Jahrhundert. In der Kirche lässt sich der aus dem 12. Jahrhundert stammende Taufstein bewundern.
Traditionelle Architektur findet sich in den beiden ältesten Straßen, der Calle Santiago und der Calle Mayor. Von den früher zahlreich vorhandenen Waschplätzen sind nur noch zwei erhalten: der älteste Lavadero wurde im 18. Jahrhundert gebaut und jüngst rekonstruiert. Man findet ihn etwas außerhalb am Ende der Straße Las Cercas.
Die Patronin von Grañón wird in der Ermita de Carrasquedo dargestellt, welche sich 1,5 km südlich des Ortes in einem Wald befindet. Einst stand hier ein Pilgerhospiz, das heutige Gebäude ist ein schöner Barockbau aus dem 17. Jahrhundert.
Knappe 5 Kilometer weiter liegt das Dorf Redecilla del Camino. Auch in diesem Ort ist die Entwicklung und Geschichte eng mit dem Jakobsweg verbunden. Auf dem heutigen Grundstück einer Pilgerherberge befand sich einst das Sankt Lazarus, ein Pilgerhospiz. Sehenswert ist der romanische Taufstein in der Kirche Virgen de la Calle aus dem 12.Jahrhundert.
Die nächste kleine Ortschaft ist Castildelgado, die Ruhestätte von Erzbischof Francisco Delgado. Seinetwegen wurde der alte Ortsname Villaypún aufgegeben.
Über Villamayor del Río geht es weiter nach Belorado, dem Ende der Etappe. Der Ort bietet zahlreiche kirchliche Gebäude. Neben der Marienkirche Iglesia de Santa Maria, der Peterskirche Iglesia de San Pedro, der Ermita de Nuestra Señora de Belén (ehemaliges Pilgerhospiz) auch ein ehemaliges Franziskanerkloster, welches 1250 gegründet wurde. Hier übernachtete der heilige Bernhardin von Siena auf seiner Wallfahrt nach Santiago de Compostela.
5 Kilometer westlich von Belorado liegt der kleine Ort Tosantos. Hier sollte man unbedingt die Ermita Nuestra Señora de la Peña besuchen.
Sie ist teilweise in den Berg gegraben und beherbergt eine romanische Marien Statue aus dem 12. Jahrhundert.
Weiter geht es nach Villambistia mit seiner kleinen Stephanskirche Iglesia parroquial de San Esteban, die dem 17. Jahrhundert entstammt.
Das unmittelbare Nachbardorf Espinosa del Camino besticht durch seine ländliche Achitektur in Form schöner Fachwerkhäuser. Zudem bietet es mit der Iglesia de la Asunción eine schöne Kirche im Renaissancestil, die 1544 um die Hauptkapelle erweitert wurde. Am Rande des Jakobswegs Richtung Villafranca Montes de Oca findet man eine verfallende Apsis, die letzter erhaltener Rest des Klosters San Felix ist.
Nach 2,5 Kilometern erreicht man schließlich Villafranca, durch dessen Ortsmitte der Rio Oca fließt. Direkt hinter dem Dorf beginnen die Montes de Oca, der letzte Höhenzug vor dem zentralspanischen Tafelland Meseta. Aufgrund dieser Lage gibt es eine bunte Flora und Fauna, zahlreiche mitteleuropäische Baum- und Tierarten bestimmen die Landschaft.
Eine Ruhepause nach den häufigen Auf- und Abstiegen findet man in der Jakobskirche Iglesia de Santiago Apóstol. Ebenso lohnt sich für Pilgerer ein Besuch der Ermita de San Felices, Ermita de Oca und der Ermita de Valdefuentes.
Letztere ist ein ehemaliges Kloster und Pilgerherberge der Zisterzienser aus dem 12. Jahrhundert. Sie befindet sich zwischen dem Jakobsweg und der Nationalstraße auf dem Weg Richtung Kloster San Juan de Ortega.
Wer das Kloster San Juan de Ortega erreicht, hat auch diese Etappe geschafft. Das Kloster ist zwar nicht mehr bewohnt, bietet aber eine Pilgerherberge. In der Klosterkirche befindet sich das Grabmal des Gründers, des zweiten Heiligen, der sich um die Verbesserung der Infrastruktur der Pilgerfahrt gekümmert hat, eines Anhängers seines Vorbilds Santo Domingo de la Calzada.
Auf Wald- und Feldwegen geht es weiter über den kleinen Ort Agés in der Provinz Burgos. Hier erinnert eine Steintafel an den Tod Königs Garcia V. der nach der Niederlage gegen seinen Bruder im Jahr 1054 getötet wurde. Weitere Gedenktafeln gibt es kurz vor Atapuerca sowie in der dortigen Kirche San Martin.
Atapuerca wurde international berühmt, nachdem 1994 in den nahe gelegenen Höhlen Hunderte fossile Knochen entdeckt wurden, die eine Besiedlung der Region vor über 800.000 Jahren durch Vorfahren der Neandertaler belegen. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden einige Funde gemacht, die den archäologischen Reichtum der Zone vermuten ließen. Dennoch wurden erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts umfassende und systematische Untersuchungen durchgeführt.
Erst jetzt wurde klar, dass es sich bei dem Fundgebiet um eines der wichtigsten Europas und eines der bedeutendsten der Welt handelte, in dem Fundstücke ausgegraben wurden, die die Vorstellung von der Geschichte der Menschheit verändert haben. Ein Besuch dieser Höhlen sollte also unbedingt eingeplant werden.
Über die kleinen Orte Cardeñuela Ríopico, Orbaneja Ríopico und Villafría de Burgos erreicht man schließlich Burgos, die Hauptstadt der Provinz. Als einstige Festung gegen die Mauren 850 gegründet, stieg die Stadt im 11. Jahrhundert zur Krönungsstadt auf.
Die prächtige gotische Kathedrale von Burgos wurde zum UNESCO Weltkulturerbe erhoben. Neben ihr ist allerdings auch das alte Stadttor und das Kloster Las Huelgas sehenswürdig.
Geschmackssache ist allerdings die Spezialität Morcilla de Burgos, eine aus Blut, Fett und Reis hergestellte Blutwurst.
Burgos sollte man nicht zu schnell verlassen, das schöne Städtchen hat neben der Kathedrale noch weiteres zu bieten. Entlang des Camino Francés ist es der Ort mit den meisten Sehenswürdigkeiten.
Über die kleinen Dörfer Villabilla und Tardajos führt ein breiter Feldweg durch das zentralspanische Tafelland.
In Rabé de las Calzdadas lohnt sich ein Blick in die Kirche Santa Marina mit dem historischen Portal aus dem 13. Jahrhundert.
Etwa 25 Kilometer westlich von Burgos liegt Hornillos del Camino mit seinen knapp 70 Einwohnern. Der Ort wurde einst „Forniellos“ genannt, zu deutsch „Öfchen“, was sich auf die im 9. Jahrhundert betriebenen Ziegel- und Kalkbrennöfen bezog. 1936 wurden westgotische Gräber mit Keramik und Edelmetallen als Grabbeigabe entdeckt.
Wer in Hornillos del Camino keine Übernachtungsmöglichkeit gefunden hat, kann 7 Kilometer nach San Bol weiterziehen und dort in der 1990 erbauten Pilgerherberge unterkommen. Die als Zufluchtsort für Pilger erbaute Herberge ist nur mit grundlegender Ausstattung ohne elektrische oder sanitäre Installationen ausgestattet.
Immerhin werden der Quelle von San Bol besondere Heilkräfte nachgesagt – wobei dies darauf beruht, dass sich der Hospitalero „Luis“ mit englischen Pilgern einen Spaß gemacht hat. Die Legende fand nur im englischsprachigen Raum weite Verbreitung unter Pilgern.
Hontanas, das 4 Kilometer westlich liegt, hat ebenfalls Herbergen zu bieten, wie das restaurierte Pilgerhospiz, ehemals Meson de los Franceses.
Der Weg führt weiter zum Kloster San Anton de Castrojeriz. Das ehemalige Kloster des Antoniter-Ordens wurde im 12. Jahrhundert gegründet und geht auf französische Mönche zurück. Man kann noch die Mauern der Kirche und den früher überdachten Spitzbogen sehen, durch den damals wie heute der Jakobsweg führt. Im Sommer wird das Gemäuer als einfache Pilgerherberge genutzt.
Das Ende der Etappe wird in Castrojeriz errieicht. Der Ort liegt am Fuße eines 900m hohen Tafelberges auf dem sich die Burgruine Castrum Sigerici befindet (ca. 8. Jahrhundert). Von hier hat man einen wunderbaren Ausblick.
Sehenswert ist die romanische Stiftskirche Colegiata Santa Maria del Manzano aus dem 13. Jahrhundert, aber auch die Kirchen Santo Domingo und San Juan aus dem 12.-14. Jahrhundert sind einen Besuch wert.
Der Weg führt nahe bei Castrojeritz auf den Tafelberg, wo ein Rastplatz zum kurzen Verweilen einlädt, bevor es wieder steil herunter geht. Der Kreislauf ist spätestens jetzt in Schwung. Nun geht es etwas gemütlicher über die Landstraße und Feldwege nach Itero de la Vega.
Am Ortseingang befindet sich die aus dem 13. Jahrhundert stammende Einsiedelei Ermita de la Piedad. Sie beherbergt eine hölzerne Schnitzfigur des Santiagos als Pilger.
In Itero de la Vega erwartet den Reisenden eine besonders originelle Pilgerherberge: Sie verbirgt sich in der Kirche San Nicolás. Hier praktiziert man sogar noch nach mittelalterlichem Brauch die Fußwaschung der Pilger!
Am Ausgang der Ortschaft geht es über eine malerische mittelalterliche Brücke über den Pisuerga. Unmittelbar dahinter befindet man sich bereits in der Provinz Palencia, wo es über die weite, karge Tierra del Campos vorangeht.
In Boadilla del Camino lohnt es sich, einen Blick ins Innere der dreischiffigen Iglesia de la Asunción zu werfen.
Der Hauptaltar stammt aus dem 16. Jahrhundert und ein sehenswertes Taufbecken aus dem 14. Jahrhundert.
Der Weg führt nun für einige Kilometer an einem alten Bewässerungskanal entlang bis nach Frómista. Dieser Ort beherbergt die bedeutende romanische Kirche San Martín. Sie stammt aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, gehört damit zu den frühesten romanischen Kirchen Spaniens und besticht durch eine für diese Zeit perfekte Architektur.
Über die Landstraße führt der Weg nach Población de Campos.
Auch dieser Ort hier steht ganz im Zeichen der Romanik. Die Ermita de San Miguel lädt zu einer kulturellen Pause ein. In der Beistandskapelle, Ermita de Virgen del Socorro, befindet sich eine romanische Marienfigur. Auch lohnt ein Blick in die Kirche Santa Magdalena.
Über die gleiche Landstraße geht es weiter nach Villalcázar de Sirga, das im Mittelalter ein bedeutender Ort und ein marianisches Zentrum mit insgesamt drei Kirchen war. Besonders schön ist die reich verzierte Kirche Santa María la Blanca aus dem 13. Jahrhundert. An ihr zeigt sich deutlich der Übergang von der Gotik zur Romantik.
Auf den letzten Kilometern genießt man einen wunderbaren Ausblick auf das Kantabrische Küstengebirge.
Am Ufer des Rio Carrión liegt die Kleinstadt Carrión de los Condes. Im Hochmittelalter war die Stadt sehr wohlhabend, es wurden Reichstage und Synoden abgehalten. Viele Kirchen und das Benediktinerkloster San Zoilo schmücken die Stadt noch heute.
San Zoilo liegt stadtauswärts am gegenüberliegenden Ufer des Carrión und ist besonders wegen seinem mit Medaillons und Büsten verzierten Kreuzgangs aus dem 16. Jahrhundert einen Besuch wert.